H1-Dopplerverschiebung der Milchstraße bei Deneb

11.08.2018

Messung:
Dies ist die erste Aufnahme, mit der es uns gelungen ist, zweifelsfrei den Dopplereffekt der H1-Linie von Wasserstoffwolken in unserer Milchstraße zu messen. Man erkennt zwei ausgeprägte Maxima, dazwischen liegt ein deutlich schwächeres Maximum.

Die X-Achse zeigt die Frequenzverschiebung durch den Dopplereffekt. Im Rot markierten Bereich ist die Frequenz niedriger, im Blau markierten Bereich höher als die Ruhefrequenz des Wasserstoffs von 1420,405 MHz.
Die Y-Achse trägt eine lineare Skalierung in Skalenteilen, die je nach Einstellungen des Messgerätes in Leistungswerte umgerechnet werden muss (s.u.).

Gemessen wurde die Intensität in einem Bereich von -200 kHz bis +1000 kHz um die H1-Ruhefrequenz in Schrittten von 5 kHz. Die Messzeit po Messpunkt betrug 0,65 s, die durch die automatische Nachführung entstehende Verzögerung durch die Positionierungszeit des Reflektors im Mittel weitere 0,1 s. Insgesamt dauerte damit die Aufnahme der 241 Messpunkte ca. 3 Minuten.

Position:
Die Milchstraße überdeckt einen großen Bereich des Sternenhimmels beider Hemisphären, daher ist es am einfachsten, einen Leitstern in dem zu untersuchenden Bereich auszuwählen, dem das Teleskop nachgeführt wird. In der Regel liefert dieser Leitstern selbst keinen signifikanten Signalbeitrag.
Die hier beobachtete Himmelsregion liegt bei dem Stern Deneb, dieser befand sich zum Beobachtungszeitpunkt am nordöstlichen Sternenhimmel.
Deutung:
Da die Milchstraße rotiert, können sich ihre Spiralarme und damit der in ihnen enthaltene Wasserstoff auf den Beobachter zu oder von ihm fort bewegen. In ersterem Fall ist die H1-Linie dieses Wasserstoffs blauverschoben, im letzteren Fall rotverschoben. Das Spektrum zeigt eine deutliche Blauverschiebung, daraus lässt sich schließen, dass sich die beobachteten Gaswolken auf uns zu bewegen.

Die Zuordnung der Peaks ergibt sich nach dem nebenstehenden Bild: Der Einfachheit halber wird hier angenommen, dass die Eigenbewegung des Wasserstoffs an allen drei Punkten P1...P3 gleich groß sei. Der Beobachter registriert von diesen drei Punkten in Blickrichtung (gestrichelte Linie) aber lediglich die Relativbewegung des Wasserstoffs in Bezug auf seinen Standort B. Im Punkt P1 ist diese am geringsten, bei P2 am größten und für P3 liegt sie zwischen den beiden Werten. Da P3 weiter entfernt ist als P1 oder P2, ist die Signalstärke deutlich geringer. Damit lässt sich der Peak 1 dem Punkt P1, der Peak 2 dem Punkt P3 und der Peak 3 dem Punkt P2 zuordnen.

Vergleichsmessung am 13.08.2018:
Zur Kontrolle wurde die gleiche Messung mit den gleichen Einstellungen zwei Tage später wiederholt, dabei wurden gleich mehrere Sweeps (Messreihen) aufgenommen und gemittelt.
Die rechte Abbildung zeigt den Vergleich der beiden Messungen am 11.08.2018 (Rot) und am 13.08.2018 (Blau).

Die erste Messung zeigt durchgehend höhere Signalamplituden als die zweite, das betrifft nicht nur die Peaks, sondern auch das Grundrauschen.
Die bereits bei der ersten Messung identifizierten Peakpositionen werden durch die zweite Messung eindeutig bestätigt.

Die höheren Signalamplituden der ersten Messung sind evt. darauf zurückzuführen, dass es an diesem Tag mit 32° Lufttemperatur und klarem Himmel erheblich wärmer war als bei der zweiten Messung mit 26° und bedecktem Himmel und sich somit der Reflektor und die HF-Vorverstärker im Primärfokus deutlich stärker aufgeheizt haben. Dieser Effekt muss bei späteren Messungen noch genauer überprüft werden.

Einstellungen:
Positionierung: Milchstraße bei Deneb (Dekl. 45°20'56", Rekt. 20:42:02) mit automatischer Nachführung
Messbeginn am 11.08.2018 um 16:32 bei AZ 39°47'56", EL 20°15'34"
Messbeginn am 13.08.2018 um 14:58 bei AZ 25°12'29", EL 12°57'27"
Reflektor: 380 cm-Radioteleskop der Sternwarte Südheide, Gain: 35 dB bei 1420 MHz
Antenne: Kreuzdipol mit Feedhorn, abgestimmt auf 1420 MHz, Polarisation: keine
Vorverstärker: Modul1-PreAmp-1445, Gain: 37 dB bei 1420 MHz, Bandbreite: 1350 - 1450 MHz
Messgerät: SpectraCyber, Eingangsempfindlichkeit: -120 dBm, HF-Gain: 12 dB, DC-Gain: x10 (10 dB), DC-Offset: 1920 mV, Schrittweite: 5 kHz
Gesamtverstärkung: 204 dB (Reflektor: 35 dB, HF-Anlage: 169 dB)